China 2007


„Diesmal also eine Sprachreise... ”, wurden meine Pläne, für zweieinhalb Wochen nach Chengdu zu fahren und dort vormittags einen Sprachkurs Chinesisch zu besuchen, regelmäßig kommentiert. Tatsächlich verblasst jedoch die Erinnerung an den Unterricht in der 西南交通大学, also der Southwest Jiaotong University, gegen die Erlebnisse von Faszination, Komik, Wohlgeschmack und Freundschaft, die der Aufenthalt in China mit sich brachte.

Schreiben oder malen?
Zur Zeit wird China in Deutschland in hohem Maße als Bedrohung wahrgenommen - Bedrohung unserer wirtschaftlichen Vormachtstellung und des Weltklimas, als Gefährder unserer Gesundheit durch schadstoffhaltige Produkte und als Unterdrücker der Freiheit im eigenen Land. Das warme Willkommen und die selbstlose Orientierungshilfe, die mir ein Student aus Peking nach meiner Ankunft zukommen ließ, zeigen dem Reisenden jedoch von Beginn an ein anderes China und blieben nicht die einzigen angenehmen Überraschungen...

Zunächst mal wäre das das Essen. Die Küche der Provinz Sezuan gilt als besonders scharf; der „Sezuan-Pepper”, der je nach Darreichungsform und Konzentration nur die Zunge oder gleich den ganzen Mund in Flammen setzt und gleichzeitig taub werden lässt, ist ein beliebtes Gewürz. Dank der unglaublichen Vielfalt des Nahrungsangebotes muss dennoch niemand hungern, und es ist jedes Mal eine Freude, ein neues Restaurant auszuprobieren.
Da unsere Sprachlerngruppe in unmittelbarer Nähe der Uni wohnte, befanden sich mehr als ausreichend viele gute und günstige "Futterkrippen" praktisch direkt vor unserer Haustür. Dort bestellt die Gruppe eine Anzahl Gerichte, die innerhalb weniger Minuten gebracht werden und in der Mitte des Tisches angeordnet werden. Jeder bedient sich mit den Essstäbchen direkt von diesen Tellern, in freier Zusammenstellung, und bei Bedarf mit Umweg über die eigene kleine Reisschüssel. So isst jeder das, was er mag, und hört auf, wenn er satt ist - und nicht erst, wenn der Teller leer ist. Wer das einige Zeit lang so gemacht hat, hat für die deutsche Ess„kultur“ mit hoher Wahrscheinlichkeit nur noch ein Kopfschütteln übrig.

In unserem Lieblingsresto, heute etwas sparsam Lecker Grillen Seafood im Lebensmitteldiscounter Shitang (Mensa) Bullfrogs im Lebensmitteldiscounter Die Teeabteilung

Die zum Verzehr bestimmten Bullfrogs im Supermarkt sind neben einigen weiteren kulinarischen Fragwürdigkeiten natürlich nicht die einzigen Sehenswürdigkeiten Chengdus. Da wären beispielsweise die Berge, auf welchen es zahlreiche daoistisch und buddhistisch geprägte Sehenswürdigkeiten zu bewundern gibt - der Aufstieg bis ganz nach oben erfordert jedoch schon eine gewisse Konstitution. So dauert der Weg auf den Qing Chen Berg über drei Stunden, und zwar über eine Treppe. Glücklicherweise gibt es zwischendurch Tempel und Imbissstände mit Gelegenheit, eine Rast einzulegen.


Tempel Steinfigur am Tempel Asche der Toten Glocke mit Wunschzetteln Hausbau im Tempelgarten Qing Cheng Shan 1 Qing Cheng Shan 2 Qing Cheng Shan 3 Qing Cheng Shan 4

Ebenfalls einen Blick wert sind die Tempel und alten Straßen im Stadtinneren. Auch wenn die Ausrichtung auf den Tourismus an manchen dieser Orte deutlich erkennbar ist, findet man hier wahlweise eine Oase der Ruhe oder hübsche Souvenirs.
Wer Lust auf Treppensteigen hat, kann eine Reise zu einem der Berge in der Nähe von Chengdu unternehmen, zum Beispiel dem Qing Cheng Shan. Nachdem man den recht happigen Eintritt zu dem Gelände bezahlt hat, können nach Herzenslust bergauf, bergab die Stufen genommen werden. Tückisch ist der Abstieg für Untrainierte, allzuschnell schmerzen die Knie! Was muss es für eine gigantische Arbeit gewesen sein, diese Treppen anzulegen, teilweise gar in den Fels zu meißeln!

Ohrenreinigung vor der Oper Sezuan-Oper 1 Sezuan-Oper 2 Bedienung in der Oper Fremdkörper

Ein besonderes Erlebnis ist ein Besuch in der Sezuan-Oper. Für diese gibt es nicht nur ein einzelnes Gebäude, sondern ein ganzes Areal, in dem sich neben dem Hauptsaal mit Bühne zahlreiche Gelegenheiten zum Essen gab. Auch ein kleiner See lud zum Verweilen ein. Alles wirkt wunderbar harmonisch im Licht der roten Lampions, abgesehen vom grellen grünen Starbucks - Schild...
Wir hatten großes Glück mit einer ausgesprochen lustigen Vorstellung, die ohne erkennbaren Zusammenhang Darbietungen von Comedy, Artistik, Tanz und Musik bot. Vorher wurden neben grünem Tee wahlweise Ohrenreinigung oder Kopfmassage angeboten - es ist schon ein seltsames Gefühl, sich mit diversen Metallspateln und einer Art Pfeifenreiger im Gehörgang herumwerken zu lassen, geschadet hat es allerdings nicht. Beim nächsten Mal werde ich trotzdem die Massage nehmen...

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